Das vierte Buch: Ich liebe Senegal
Die große Überschrift meiner drei und zwanzigsten Reise in den Senegal stand unter dem Motto
der Fertigstellung und Veröffentlichung meines vierten Buches
„Maa sopp Senegaal – Afrique mon amour“.
Zug Vogel Zeit, der Sonne entgegen: 6.12. 2018 bis 30.4. 2019.
Die Übersetzungs-Arbeiten meines dritten Buches vom Deutschen ins Französische und vom Französischen in Wolof waren vollbracht, die Texte waren mehrmals poetisch bearbeitet.
Dr. Jean Leopold Diouf, Meister der Konferenz afrikanischer Sprachen,
Professor für Wolof und Französisch in Dakar und Paris,
Sprachwissenschaftler und Herausgeber des bisher größten Wörter-Buches Wolof – Französisch, korrigierte seit August 2018 die Texte und schliff emsig den Diamanten.
Bis Ende November mailten wir täglich und telefonierten spät abendlich bis zu zwei Stunden.
Der Satz des Buches hatte im September begonnen. Geplant war bis Ende November.
Doch es kam anders.
Wie angemerkt, aus mehreren guten Gründen und für die zu beendenden End-Korrekturen
flog ich nach Dakar. Jean Leopold empfing mich am Flughafen.
Zwei Monate war ich sein Gast, uns verband ein einzigartiges Sprach-Projekt.
Tags über arbeiteten wir an den Texten. Abends zog ich durchs Viertel und amüsierte mich hier und dort. Das ist in Ngaparou am Atlantik sehr einfach zu haben. Die Menschen sind überall im Senegal
offenen Gemütes, überaus freundlich und kontakt-freudig. Ich brauchte nicht weit zu gehen.
In der engsten Nachbarschaft hatte ich bald Freundinnen, Freunde, Unterhaltung und Spaß.
Die Häuser waren bis weit nach Mitter-Nacht „geöffnet“ für Besucher wie mich.
Durch Dr. Diouf lernte ich Balla Niang vom „Centre Guellewar“ kennen. Er verwaltet mit seinem Verein die Bibliothek als Kultur-Zentrum. Durch großes Interesse an einem Yoga-Kurs und an einer Tanz-Show kam beides rasch und problemlos zustande. Internationales Publikum war vertreten: Senegales/innen, Holländer, Deutsche und Französinnen. Meine Künste kamen bei allen gut an.
Prof. Tamba, ein sehr spiritueller Biologe, lobte meinen Tanz in höchsten Tönen.
Das klang in etwa so:
„Ihr Tanz, ihre Bewegungen sind einfach magisch. Ein mythischer Engel dringt wie ein Allien
in Barbaras Körper ein und zieht sie in eine üppige und hypnotische Haltung,
die das balsamische Gefühl vermittelt, in einer Welt voller Träume und Illusionen mit ihr zu fliegen,
der des Albatros, Prinz der Wolken von Baudelaire.“
Ja, der Tanz beflügelt mein Da-Sein. Erhebt mich in luftige Lüfte, Horizonte erlangend.
Die Arbeit an den Texten brachte mich oft an meine Grenzen. Mitte Januar war das Maß voll.
Das Maß der Korrektur; der nie zu enden scheinenden End-Korrektur.
Ich hatte erkannt, dass ich noch jahrelang hätte fortsetzen können.
Anschauen, überprüfen, verändern, verbessern, verfeinern, vertiefen, korrigieren…
Je mehr ich in die Wolof-Texte hervor und hinein drang, desto mehr spürte ich:
es gäbe noch endlos zu tun.
So beschloss ich am 14. Januar, dem Gefühl, nie fertig zu werden, ein Ende zu setzen.
Am Abend dieses denkwürdigen Tages klopfte ich an die Tür eines Hauses,
von dem ich gehört hatte, dass es ein Künstler-Haus sei.
Mit offenen Herzen empfangen, fand ich im Rhythmus der Trommeln, bei Gesang, Tanz, Improvisation und körperlichem Ausdruck Erleichterung, Kraft und Lebens Fluss.
Ich atmete auf. Ich war erlöst. Ich war befreit. Das Schwerste war nun getan.
Das Schlimmste lag hinter mir. Das Ende der End-Korrekturen war endlich erreicht.
– Übrigens veranstalteten wir, drei Trommler und ich, gemeinsam am 26.1.
eine rhythmisch musikalische Lesung für „unser“ Viertel in Ngaparou. –
Auch Uta Eickworth, die Designerin aus einem meiner Nachbar Dörfer in Mecklenburg Vorpommern war heilfroh, als alles vorbei war.
Für sie bedeutete dieses Projekt extremste Herausforderungen;
Texte in unbekannten, fremden Sprachen zu setzten und Korrektur-Anweisungen Folge zu leisten.
Dazu kam im Herbst ihr Auto-Unfall mit Total-Schaden.
Trotz gebrochener rechter Hand erledigte sie nahtlos alles Weitere direkt mit Links.
Das Design des Buches ist überaus gut gelungen und anspruchsvoll.
Eine Zu-Gabe zum vereinbarten Preis ist eher symbolisch zu werten.
Großer Dank, liebe Uta für deine unsäglichen Mühen, das Durch-Halten,
die Geduld und das wunderbare Ergebnis.
Utas Un-Fall hatte ein starkes Signal in mein Buwusst-Sein und bis in die kleinsten Zellen hinein gesendet: wie schnell kann etwas Un-Vor-Her-Ge-Sehenes passieren und dem ganzen Projekt ein rasches Ende bereiten. So war ich stets unter Spannung, wenn ich drei Tage keine Antworten auf meine Mails bekam. Besonders bezüglich des deutschen Verlages. Da ging alles nicht so von statten, wie ich es bisher von „meinem“ Verlag kannte. Der Lauinger Verlag hatte bereits zwei meiner Bücher veröffentlicht. Die Zusammen Arbeit war stets hervorragend.
Diesmal nun kostete es mich viele Gedulds-Proben. Erst nach meiner Rückkehr nach Deutschland erfuhr ich von gewissen Schwierigkeiten, die der Verlag überstehen musste.
Jedenfalls wechselten drei Praktikantinnen die Zuständigkeit für mein Projekt.
Der Druck des Buches begann erst im Februar. Wider Erwarten dauerte der Versand des Buches nur knappe zwei Wochen. Was mich total überraschte und alle Erwartungen über-traf.
– Vor letzten Winter sendete ich im November ein Weihnachts-Paket an meine Enkel,
dass im darauf folgenden März in Johannesburg, in Süd Afrika ankam. –
Ende Januar zog ich um nach Dakar, Liberté VI, zu einem Sohn Dr. Dioufs mit seiner Familie
in ein Zimmer oben auf dem Haus-Dach. Ohne Internet-Anschluss.
Für dies bezügliche Kommunikation gab es Internet-Cafés mit lauter Musik und offenen Türen
zur Straße, gleich-bedeutend mit enorm viel Staub, Schmutz, Lärm und Krach
oder den Service im Hause meines Managers Cheikh Bâ in Scat Urbam,
für Groß-Stadt-Verhältnisse alles nicht allzu weit entfernt.
Jedoch Staus und die schlimmsten Auto-Ab-Gase sind Tages-Ordnung in Dakar.
Und kratzen gewaltig an meinem Gemüts-Zu-Stand.
Und nun noch die Wahlen. Mit noch mehr Staus, Hektik und Nervosität auf den Straßen.
Der Februar 2019 war durch die Präsident-Schafts-Wahlen geprägt.
Bereits vor meiner Reise hatte ich mitbekommen, dass Wahlen bevor stehen.
Aber was das bedeutet, ist mir erst vor Ort klar geworden.
Zudem waren die Presse, Radio und Fern-Seh-Sender besetzt von wahl-politischen Themen.
Kunst, Kultur und Literatur gelangten ins Hinter-Treffen, wurden zeit weise ins Abseits rangiert.
Bereits in Ngaparou hatte ich vom Kultur-Zentrum in Grand Mbao reden hören.
Um die verbleibende Zeit im Senegal optimal zu nutzen und mein Leben aus-zu-kosten,
machte ich mich nun auf die Suche nach meiner anderen Familie, der Künstler Familie.
Und siehe da, das Kultur-Zentrum war ganz in unserer Nähe.
Njasse Diop, der Chef-Trommler, hatte bereits Kunde von mir vernommen.
Auch hier wurde ich mit offenen Armen empfangen und sofort Mitglied der Truppe,
zu der zahlreiche junge Trommler und sieben reizende junge Tänzerinnen gehören.
Nar, der Tanz-Meister unterrichtet Tänze verschiedener Völker aus ganz West Afrika.
Die Mädels und Jungs waren echt spitze. Nach den Proben, die drei mal pro Woche stattfanden, blieb ich meist mit zwei Trommlern, dem Chef und seinem Freund Moussa, zusammen.
Wir erzählten, sangen, tanzten, trommelten, improvisierten.
Die beiden schätzten meine Texte und machten mich mit weiteren Künstlern bekannt.
Einer davon war Leuz Diwane G, ein sehr sympathischer und beliebter Rapper und Sänger.
Nach knapp drei Wochen hatten wir gemeinsam im Studio seiner Freunde in Keur Massar
ein Lied vollendet. Der Text dieses Liedes: „An die Beschnittenen Frauen und Mütter Afrikas“ befindet sich im Herzen des Buches und ist dort in sieben afrikanischen Sprachen zu lesen.
Dieses Lied ist pünktlich am 8.3. zum Frauen Tag heraus gekommen.
Der Studio-Mann Fode Cissoko und sein Freund Agas mochten mich sehr und sagten mir,
dass es ihnen eine Ehre wäre, wenn ich weitere Titel bei ihnen aufnehmen würde.
Was ich natürlich tat. Für einen annehmbaren Freundschafts-Preis.
Ab Anfang März weilte ich in Dakar. Mit meinem Manager schmiedeten wir Pläne
für die Promotion, für die Öffentlichkeits-Arbeit, Bekannt-Machung und den Vertrieb des Buches.
Am 8.3. nahm ich rezitierend, singend und tanzend an der internationalen Frauen-Tags-Feier der Ober-Schule Hann, in Yarax, Dakar teil. Das Fernsehen war auch vertreten. Birane Modou Niang, ein junger Filme-Macher-Student und Szenarist, der dort eine Theater AG leitet, hatte mich eingeladen. Es war ein Riesen-Event mit vielen, vielen Schülern und Lehrer/innen.
Nach dem offiziellen Fest blieben wir noch lange zusammen. Eine Gruppe von Schülerinnen sang für mich, ich tanzte für sie und dann kamen auch die Lehrerinnen nochmals und nochmals und wollten immer noch was von mir hören und sehen. Wir hatten richtig viel Spaß mit einander.
Die Bücher waren immer noch nicht da. Mein Manager telefonierte bereits hier und dort um mögliche Termine beim Fernsehen zu vereinbaren, aber ohne Bücher in der Hand
konnten wir nicht wirklich los-legen.
Durch spezielle Kontakte Cheikh Bâ`s bekam ich einen Termin für erste Aufnahmen
beim Internet-Fernsehen BTV mit dem Moderator Awadi am 12.3.
Der Spaß kostete mich 25.000 CFA = 39,00 €.
Später bei den großen Fernseh-Sendern brauchte ich nichts zu zahlen.
Jedenfalls floh ich nochmals kurz entschlossen aus der Groß Stadt nach Grand Mbao in das Haus meiner Lieblings Schwägerin, die allerdings zur Zeit in New York lebt. Aber ihre großen Kinder sind alle hübsch beisammen geblieben. Enkel/innen wachsen heran. Und somit ist Leben und Liebe in der Bude. Für mich ein Zu Hause; Familie, afrikanische Groß-Familie.
Ein Nest. Mein Nest. Mein Zug-Vogel-Nest.
Um die Zeit zu nutzen huschte ich nochmals ins Studio nach Keur Massar. Wir nahmen fünf weitere Lieder auf. Da Leuz Diwane G gerade seine zwei monatige Tournée vorbereitete, vereinbarten wir, diese Songs Dank der Technik mit WeTransfer über Kontinente hinweg hin und her zu senden und im Fern-Programm fertig zu stellen.
Am 15.3. holte mich ein Anruf von meinem Manager sofort nach Dakar zurück:
die Bücher sind da!!! Am selben Abend nahm ich mit zwei Texten teil bei „La Nuit du Slam“
im IAM, Institut Afrikan De Management im Stadt-Teil Mermoz.
Dort war ich umgeben von sehr talentierten, begabten, meist natürlich jungen Leuten.
Und verkaufte stolz das erste Buch.
Gleich am darauf folgenden Tag fuhr Cheikh Bâ mit mir in die außerordentlich schöne und extravagante Galerie „Les Mamelles“, zu einer Ausstellung in Oukam, einem Stadt-Teil Dakars. Auch ich stellte meine Bücher aus und verkaufte zwei Exemplare;
eins an eine französische Bibliothekarin, eins an einen sympathischen jungen Leder-Buch-Binder.
Mit beiden bin ich in Kontakt geblieben.
Zu meinem Erstaunen gab es hier eine Expo von „Loman Art“ und „Sabbar Artistique“,
die mir auf Facebook bereits aufgefallen waren. Nun sah ich sie live und lernte sie kennen.
Vor lauter Glück und Enthusiasmus kamen weder mein Manager noch ich auf die Idee,
die Bücher zu zählen. Nach drei Tagen taten wir es endlich und siehe, es waren nur 37 Exemplare.
Wir fuhren zur Haupt-Post. Das hört sich so einfach und harmlos an. Aber stellt euch die schlimmsten Staus und Auto-Ab-Gase vor. Dann ahnt ihr vielleicht, worum es sich handelt. Jedenfalls hätten wir uns diese Strapaze sparen können. Es war keine Sendung für uns eingegangen.
Es kostete uns noch zwei Tage Geduld und Vertrauen. Am 20.3. trafen die Rest-Bücher ein.
Die Versands-Kosten gingen natürlich auf meine Kappe: 350,00 €.
Die Erstellung des E-Books kostete zusätzlich 250,00 €.
Am 19.3. gab es einen Fern-Seh-Auftritt beim RTS 2, dem zweitgrößten Sender.
Die Sendung heißt: „Tam Tam“. Es wurde ausschließlich Wolof gesprochen. Außer mir gab es noch einen Gast. Er war Ingenieur, Petroleum-Spezialist. Letztendlich äußerten sich alle Moderatoren samt dem Ingenieur über aus anerkennend über mich und mein Buch und meine Liebe und
Wert-Schätzung zu ihrem Land und Kontinent. Übrigens waren alle europäisch gekleidet.
Ich trug als einzige einen traditionellen Bubu in schönen bunten Farben.
In diesem Fernseh-Studio lief die Klima-Anlage auf Hoch-Touren. Ich habe gefroren und gezittert bis auf die Knochen. Zum Glück schien die Sonne heiß, als wir das Gebäude verließen.
Gleich am nächsten Tag lud mich der Moderator von „Tam Tam“, Abdoul Rahmane Mbengue,
in eine Schule für Führungs-Kräfte und Management ein. Er war dort Lehrer und Coach und es gab ein Kultur-Programm. Ich rezitierte den im Senegal sehr beliebten Text für meine Schwieger-Mutter und stellte danach die Welt auf den Kopf, also vollführte mit großem Applaus meinen Kopf-Stand- Tanz. Danach erfreute ich mich noch lange an den innovativen, kreativen, einfallsreichen,
mehr-sprachigen, künstlerischen Beiträgen der Schüler/innen.
Am 22.3. telefonierte ich abends mit dem Maler Jean Faye, einem langjährigen Freund von mir, dessen Bilder mit meinen Texten eine wunderbare Einheit im Buch bilden.
Und nun verkündete er mir, dass er morgen seine neue Galerie in Thiès eröffnen wollte.
Es gab keine weiteren Termine für das Wochen-Ende. Während meines diesjährigen Aufenthaltes war ich immer noch nicht in Thiès, der Stadt meiner Schwieger-Mutter, gewesen.
Also packte ich die Gelegenheit beim Schopfe und fuhr kurz entschlossen hin.
Spontanität heißt die Lebens-Kunst Senegals. Sie passt ausgezeichnet zu mir.
Es folgten Familien Besuche in Thiès. Der Beileids-Besuch im Hause Ablaye Niang,
des kürzlich verstorbenen Onkels und „Turondo“s, des Namens-Gebers meines Mannes
Ablaye Niang, war von großer Bedeutung. Kondolenz Besuche sind besonders.
Angesichts des Todes rücken die Lebenden näher zusammen.
Ablaye Niang Senior war mein „Liebling“. Mein Mann ähnelte ihm sehr;
in der Körper-Gestalt und im Habitus, bis hin zu Gewohnheiten.
Zudem war er in seiner Jugend Musiker, Saxophonist und Tambo-Major.
Humor, Friedfertigkeit, Wissen und Weisheit teilte er sein Leben lang freizügig aus.
Weit und breit war er beliebt und geschätzt.
Eine seiner Ur-Ur-Enkelinnen, etwa ein Jahr alt, wich nicht von meiner Seite und weinte,
als ich ging. Des Öfteren erlebte ich diesen Magnetismus mit Kindern.
Das rührte mich tief. Vergleichbares erlebte ich niemals in unsren Breiten-Graten.
Mbaye Samb Junior, der jüngere Bruder meiner Schwieger-Mutter Maty Samb,
betreibt eine viel gesehene und beachtete Webseite, www.thies24.com.
Jedes Jahr nimmt er ein paar Intervieus mit mir auf.
Zu diesem Zweck trafen wir uns zunächst in der Galerie Jean Fayes.
Am Abend feierten wir in kleiner gemütlicher Runde die neue Galerie und das neue Buch
unter Anwesenheit des Dichters Sanokho, der die Texte poetisch bearbeitet hatte,
des Sängers Mame Moor Anta Saly Faye, des Sohne des Griots Moussa Faye,
eines Chalam-Spielers, dem Gitarristen Laye Tra und Birane Djey, dem ehemaligen Managers
der berühmten Gruppe „Wa Flash“ und weiteren Freunden.
Am darauf folgenden Tag fuhren wir nach Bangadj zum älteren Bruder Mbaye Samb,
dem Chef des Dorfes, dessen nobler Charakter und majestätisches Verhalten sich wie eine schützende Decke über alle Menschen in seiner Nähe ausbreitet.
Im Dorf wurde gerade ein neuer Brunnen gebaut.
Als ich in 15 Meter Tiefe sah, packte mich ein Schauder,
als würde etwas aus einer anderen Welt mich zu sich hinunter rufen.
Drei junge Männer waren fleißig am Werk mit einfachsten Mitteln.
Einer arbeitete auf dem Grunde des Brunnens und grub die Erde aus.
In Flaschen-Zügen zogen seine zwei Freunde die vollen Eimer nach oben und leerten sie aus.
Die drei waren im absoluten Kontakt miteinander.
Am Abend schlenderte ich in Begleitung eines entfernten Verwandten durchs Dorf.
Am Rande des Dorfes führte er mich zur neuen Moschée und zum Friedhof.
Er zeigte mir auch die Kranken-Station. Sie stand leer und vereinsamt.
Es sagte: es gibt hier seit Langem keine Kranken.
Ich liebe es, in das Dorf-Leben ein zu tauchen und für eine Weile die Welt,
„meine bisherige Welt“, völlig zu vergessen. Die Einfachheit und Direktheit der Menschen
ist beeindruckend stark. Ihre Körper, ihre Gesichter, ihre Gesten, ihre Stimmen sprechen
anders zu mir. In dieser Gegenwart verblasst die übrige Welt und die Zeit tritt aus sich heraus.
Zurückgekehrt nach Dakar wusste ich gar nicht mehr, welcher Tag heute war.
Aber mein Manager klärte mich sofort auf. So folgte ich am 26.3. einer Einladung
beim ersten Fern-Seh-Sender Senegals, RTS 1.
Die Sendung „Kenkeliba“ hat ihren Namen von einem Kräuter-Tee.
Sowohl die Sendung als auch der Tee sind beliebt bei den Früh-Auf-Steher/innen.
7:00 Uhr morgens !!! Für mich kostete es einige Über-Windungen.
Um meine all-morgendlichen Rituale in Ruhe zu vollbringen:
Duschen, Yoga-Übungen, Tee-Trinken, stand ich bereits um 3:00 Uhr auf.
Als echter Nacht-Vogel gehe ich mitunter zu dieser Zeit schlafen.
Die attraktive Gelegenheit war d i e Chance für einen Riesen-Sprung über den eigenen Schatten.
Die Sendung lief über zwei Stunden. Mehrere Moderatoren sprachen über aktuelle Tages-Themen.
Außer mir war ein bekannter Komödiant und Akteur namens Kader geladen.
Wir kannten uns schon lange. Ich war vor etlichen Jahren zweimal bei seiner Sendung im
Kinder-Fern-Sehen aufgetreten. Nun saß er an meiner rechten Seite.
Das beruhigte mich etwas. Außer ihm war alles sehr fremd für mich.
Um zahlreiche Themen zu bewältigen, wurde in einem rasanten Tempo Französisch gesprochen.
Oft konnte ich der Unterhaltung nicht folgen. Zudem war ich sehr aufgeregt,
weil ich nicht wusste, wann ich gefragt wurde, wie und worüber ich sprechen sollte.
Die Spannung hielt also bis zum Ende an. Endlich kam das Thema auf das Buch.
Ich hatte im vor hinein einige Texte sondiert und entschied mich dann spontan für ein
Liebes-Gedicht, das meinem verstorbenen Mann und unserer Tochter gewidmet ist.
Als ich diesen Text rezitierte, änderte sich die Atmosphäre im Raum.
Das Tempo war herunter gefahren. Die Worte entbehrten den Informations-Charakter.
Es ging nicht mehr um hin und her und da und dort. ES ging direkt in die Herzen.
Das Résumé war die Fest-Stellung, dass eine weiße Frau, die von Fern gekommen ist,
die wahren Schätze der Ein-Heimischen sieht, an denen die Lands-Leute vorbei schauen.
Gleich am nächsten Tag, am 27.3. war der Termin für eine musikalische Lesung zum Buch
im Stadt-Teil Mermoz bei Géléem Sarr, einem Franzosen, der mit Senegalesen zusammen
eine Gruppe von Aktivisten zur Pflege und zum Erhalt der Wolof-Sprache bildet.
Es war eine wunder, wunderbare Atmosphäre von interessierten Menschen, Senegales/innen, Franzosen, Deutsche, Chinesen. Unter ihnen als Moderatorin Fatou Diao, eine Doktorantin der Sprach-Wissenschaften an der Universität Cheikh Anta Diop. Sie war es auch, die das Koordinieren der Übersetzungs-Arbeiten von ausgewählten Texten des Buches in sieben National-Sprachen Senegals übernommen hatte. Diese Übersetzer waren alle samt Studenten an der Uni.
Außer Herr Diouf, er war bereits Doktor der Serer-Sprache. An diesem Abend las er selbst den von ihm übersetzen Text in Serer vor, den Text für die „Beschnittenen Frauen und Mütter Afrikas“.
In diesem Text weise ich auf die ur-alte Heiligkeit der Frau und Mutter hin.
Er untermauerte dies mit Informationen über matriarchale Traditionen in seinem Volk.
Auch für die Zuhörer/innen gab es Gelegenheit, selbst aus dem Buch zu lesen.
Aber natürlich las und rezitierte ich meine Texte, begleitet von Ndo, Mbemba Kanuté,
einem sehr geschätzten Musiker-Freund, der ebenfalls meiner Kunst sehr zugeneigt ist.
Alle Anwesende, inklusive mein lieber Manager, lobten mich und das Buch in den allerhöchsten Tönen. Das war sooo ein wohltuender Balsam nach den ganzen Hürden und Mühen.
Ich war richtig gut bei mir und entfaltete meine Künste freud-voll und schwung-voll.
Und teilte meine kreativen Schätze, Texte, Gesang, Tanz überschwänglich aus.
Glücklich und mit allen Hindernissen versöhnt war diese Lesung der krönende Abschluss.
Zudem hatte ich elf Bücher verkauft.
Am nächsten Tag hielten Cheikh Bâ und ich Rück-Schau, sozusagen unsere letzte Ver-Sammlung.
Ich liebe die Sicht-Weise, Reflektionen, Gedanken, und stets lösungs-orientierten Ideen
meines Managers und lang-jährigen Freundes Cheikh Bâ.
Nach unserem Abschied sah ich mich auf dem Markt in Liberté VI nach Geschenken um.
Am 29. packte ich alles zusammen und um 22:00 Uhr ging es los zum Flug-Hafen.
Am 30.3. landete ich pünktlich mittags in Berlin Tegel.
Eine Teilnehmerin von meinem Lebens-Tanz-Kurs hatte keine Mühe gescheut und
empfing mich mit ihrem geräumigen Auto. Alle Hab-Seligkeiten passten hinein.
Die Sonne schien. Wir plauderten und tauschten unsere Erlebnisse, Erfahrungen und Wahrheiten aus. Und dann war ich wieder zu Haus. Für ein paar Monate. Bis zum nächsten Flug.
Inch Allah. So Gott will. So das große Rad der Schöpfer-Kraft es will.
So ich es will. Mein Tiefes-Sein. Mein Seelen-Sein. Oh ja, ich will.